Die Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies

Die Malerei von Stefan Heide wirkt spontan, trotzdem sehr gekonnt und reflektiert, und sie strahlt ein ungebrochenes Selbstverständnis für Malerei aus. Der in München lebende Heide malt Szenen und Porträts nach Fotos, die er selbst geknipst hat. Die Bilder des Künstlers wirken unmittelbar auf den Betrachter. Bei vielen wirkt allein schon die monumentale Größe, wenn etwa ein Kopf ein Hochformat von über zwei Metern ausfüllt. Dazu zeigt das Porträt ein blendendes, zahnweißes Lachen.
Doch schon die Malerei selber macht deutlich, dass es hier nicht nur um eine Oberfläche, nicht nur um das Äußere gehen soll. Die Malerei ist fein differenziert und strebt zur Abstraktion. Zumindest verselbstständigt sich die Malerei immer wieder derart, dass die zahnweiße, lachende Fassade bröckelt. Michael Ogrzewalla, Jugendfreund des Künstlers und Pfarrer in Erbach, hob bei der Vernissage entsprechend zum Ausstellungstitel “Jenseits von Eden” auf den Sündenfall an: “Stefan Heide interessiert sich in besonderer Weise dafür, wie es mit Adam und Eva weiterging, jenseits von Eden. Was haben Sie angezogen, nachdem der Schurz aus Feigenblättern zerschlissen war?” Der “formale Anknüpfungspunkt”,
so Ogrzewalla, “ist hier die Werbung. Sie arbeitet ja in besonderer Weise mit der Sehnsuchtsfigur des verlorenen und wieder zu erringenden Paradieses”. Was Heide also in die Gegenwart rettet und zugleich hinterfragt, ist das Paradies, allerdings ein säkularisiertes Paradies der Werbeästhetik. So kommt der Maler zu enormen Vergrößerungen in der Darstellung, was als probates Mittel der Werbung wie der bildenden Kunst bekannt ist.
“Strand” ist unverkennbar ein nach Werbemaßstäben gestaltetes Bild. Eine Frau liegt im Höschen und mit geöffnetem Oberteil und gespreizten Beinen auf dem Rücken. Ihre Pose ist direkt und unumwunden, aber auch Fassade, hinter der das Ausgeliefertsein der Frau zum Ausdruck kommt. Der Werbeästhetik entgegen läuft auch die Farbgebung: Die Kleidung ist in Rotbraun gehalten, der Hintergrund ist grau und weiß. Wahrlich keine paradiesische Farbgebung. In seinen malerischen Mitteln knüpft Stefan Heide an die Tradition einer figurativen und gestischen Malerei an. Auffallend ist, dass die Farbe nicht mehr so dick aufgetragen ist und ihr damit wieder eine stärkere illusionistische Wirkung zugebilligt wird. Diesen Farben wirkt allerdings die ins Abstrakte gehende Malerei wieder entgegen.

OTFRIED KÄPPELER

Quelle: Südwestpresse, 27.06.2002

Stefan | Andreas Heide