Die Flüchtigkeit der Ikonen der Neuzeit

Stefan Heides Ausstellung “Jenseits von Eden” spielt mit den Werten der modernen Werbung

Aus dem Paradies vertrieben sind wir, ein Verlust, den wir ein Leben lang spüren. Der Moment der Geburt ist der Stoß hinaus in die kalte Wirklichkeit, ab da beginnen wir nach dem verlorenen Paradies zu suchen, ab sofort sind wir “jenseits von Eden”. Und so ist das erste Bild von Stefan Heides, gleichnamiger Ausstellung auch das Porträt eines Säuglings. Wie durch eine Geschichte lässt sich durch die Ausstellung gehen, denn dem Betrachter werden all die Versprechen gezeigt, die uns Befriedigung verheißen und nie eingelöst werden. Unsere Sehnsüchte werden von der Werbung dargestellt, sie führt uns die Atmosphäre unserer Zeit in Inszenierungen vor. Der Pullenhofener übernimmt die Motive der Werbung, und macht deutlich, dass die Models, ästhetisch bis ins Unechte überhöht, den Platz der Ikonen in unserer säkularisierten Wahrnehmung eingenommen haben.
Der 41-jährige Künstler zeigt uns in seiner Ausstellung in der Glonner Klosterschule – Vernissage (…)- das Altvertraute dieser Bildersprache, und auch, dass das Uraltmotto , der Werbeindustrie, “sex sells”, immer noch Gültigkeit hat. Heide erhebt keinen Vorwurf an die Werbung, denn, so sagt er, manipulativ waren auch die religiösen Ikonen, ebenso wie die Figuren der Renaissance ein unerreichbares Ideal darstellten. Die Modelle, die Heide kaum verfremdet von der Plakatwand in die Galerie holt, sind in sich versunken, mit nach Innen gerichtetem Blick sind sie sich selbst genug, und signalisieren uns in ihren Posen Unerreichbarkeit, wie die idealisierten Heiligenbilder vergangener Zeiten, die auch nur Medium der Sehnsucht nach einer besseren Welt waren.
Heides spektakuläre Technik täuscht einen flüchtigen Blick auf die Welt vor, Momente und Gesichter, die sich doch einbrennen in die Erinnerung, Blicke im Vorbeigehen geworfen, und doch ins Herz getroffen. Der Kunstpreisträger der Stadt Ebersberg 2001 und an der Münchner Kunstakademie ausgebildete Bildhauer erreicht: diesen Bewegungseffekt durch eine Art “Mehrfachbelichtung”, wie er sagt: auf feuchten Untergrund trägt er mehrere Schichten Farbe auf, verwischt manche Flächen mit brei-tem Pinsel “so dass einige Teile sich auflösen, andere fokussiert bleiben. Einen Raum der Klosterschule hat Heide mit Bildern seines persönlichen Arkadiens bestückt, hier ist ein Hauch des verlorenen Garten Eden spürbar, in Klaras furchtlosem, vertrauensvollem Kindergesicht, das sich so tröstend von den Gesichtern der Fotomodelle unterscheidet, in den sonnigen Bildern friedlich-freundlich weidender Kühe. Ein Raum, der von den Momenten erzählt, wo man einen Zipfel vom Paradies zu. erhaschen glaubt.

SUZANNE VIKTOR

Quelle: Süddeutsche Zeitung Ebersberg

Stefan | Andreas Heide