Kunstpreisträger Stefan Heide liebt das Porträt
Wenn in einem Gesicht alles geschrieben stehen soll, so klappt Stefan Hei-de dieses imaginäre Buch des persönlichen Lebensweges wieder zu, lässt es allenfalls halb offen. Der diesjährige Ebersberger-Kunstpreisträger arbeitet nicht detailliert die Züge heraus, die vermeintlich verraten, ob der Mensch ein gepeinigter oder ein glücklicher ist. Seine Porträts legen einen Schleier über offensichtliche Mimik, um das Verborgene, das Allgemein-gültige und Wesenhafte zu offenbaren: Es ist der Blick ins Antlitz des Menschlichen.
„Der Mensch, sein Gesicht“ ist es, was den Maler aus Herrmannsdorf interessiert. So sehr, dass er in einer Schaffensperiode ist, in der er einzig Porträts malt. Freilich geht es dem 40-jährigen Künstler hier weniger darum, einen Menschen mit einem möglichst schönen Abbild der (foto-)realistischen Art zu beglücken. Seine Bilder irritieren, sind derart rätselhaft, dass sie unwillkürlich in den Bann ziehen. Zum einen, weil der Porträtierte den Blick nicht erwidert, liegen seine Augen doch zumeist im Schatten ihrer Höhlen. Aber auch das übrige Gesicht tritt nicht im Licht der Schärfe hervor. Unruhige Querstreifen legen das Gesicht unter ein unruhiges Muster, bringen es in Bewegung, als ob es gerade am Beobachter vorbeigleitet. So verblüffen die Porträts mit ihrem Charakter von Filmaufnahmen, Gesichter, die von einer Kamera abgeschwenkt werden. Diese Eigenschaft fängt je-nes Alltagserlebnis ein, das wohl nicht nur der Maler kennt: „Man sitzt in der U-Bahn und flüchtig streift der Blick den Gegenüber.“ So flüchtig entstehen indes seine Acrylbilder nicht. Stefan Heide malt zunächst durchaus detailliert bis hin zu einem fotorealistischen Angesicht. Doch dann knippst er das Licht aus, sieht sein Werk fast nicht, wenn er es „im Horizontalen durcharbeitet“, wischt im Dunkeln jene Spuren hinein, die dieses maskenhafte Phänomen begründen. Es ist ein Prozess des Zufalls, der gleichwohl große künstlerische Intuition erfordert.
So löst der Maler die Gegenständlichkeit wieder auf, ohne sie in deren Grundzügen zu zerstören. In die Abstraktion zurück würde Stefan Heide derzeit auch nicht gehen. Von diesen „Kompositionsgeschichten“ hat er seit geraumer Zeit genug. Er ist froh wieder in der figürlichen Malerei angekommen zu sein: „Hier kann ich klare Position beziehen“, sagt er. Damit meint, der Kunstpreisträger der Stadt Ebersberg nicht, eine be-stimmte Botschaft vermitteln zu müssen: „Wenn es so etwas wie eine Message gibt, dann nur die vor der Achtung des Menschen und seiner Geschichte.“
CHRISTIAN HUFNAGEL
Quelle: k.A.